„Dein Blut komme über uns UND UNSERE KINDER gnädiglich“

Dorothea Vosgerau

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Jahrelang habe ich diesen Satz mit gebetet und als Mutter selbstverständlich an unsere Kinder gedacht. Aber in meinem persönlichen Gebet habe ich konkrete Bitten für sie in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen vor Gott gebracht. Erst allmählich wurde mir bewusst, dass ich meinte, Gott immer wieder Lösungsvorschläge für die Probleme unserer Kinder vorbringen zu müssen.

Wie unsinnig das ist, hat mir von meinem biblischen Wissen und meinen negativen Erfahrungen mit allen meinen gut gemeinten eigenen Lösungsversuchen wohl eingeleuchtet: Gott hat unsere Kinder geschaffen. Er hat viel mehr für ihr Leben in dieser und in der zukünftigen Welt getan, als ich je in der Lage war, für sie zu tun. Und Er liebt sie mehr als ich das je kann. Aber eine solche einmalige Einsicht trägt leider nicht durch. Ich muss sie mir im Vertrauen auf Gott je nach Problemlage immer wieder neu erringen. Nicht die Lösung, die ich für die wünschenswerteste halte, sondern die Lebensführung, die Gott aus Liebe unsern Kindern und Enkeln „zumutet“, ist allein entscheidend und wichtig. Und damit unsere Kinder in dieser vielleicht schmerzlichen Führung die Liebe Gottes erkennen können, muss das lösende Blut Jesu über sie kommen. „Dein Blut komme über uns und unsere Kinder gnädiglich“ ist das stärkste Fürbittgebet, das ich kenne. Es schließt das natürliche Leben, die körperliche und seelische Entwicklung, die Lebenstüchtigkeit, die Hinwendung zu Gott, das Wachsen im Glauben, die Leidensfähigkeit und was man noch aufzählen mag, ein. Auch die Freunde unserer Kinder sind in dieser Bitte mit eingeschlossen, die Schule, die Arbeitsstelle mit den Kollegen – einfach alle Menschen, mit denen sie zu tun haben.

„Uns und unsere Kinder“ umfasst aber noch mehr Menschen, keineswegs nur die natürliche Familie. Jede nächste Generation ist „unsere Kinder“ und jede folgende ist „unsere Enkelkinder“, ob uns das bewusst ist oder nicht. Wir leben in einem solchen Geflecht von Beziehungen, dass wir ohne sie gar nicht leben könnten: Denken wir nur an die Arbeiter, die die Renten sichern, oder die Zivildienstleistenden in ihrem Dienst an alten und behinderten Menschen. Wie viel rührend geduldige und hilfsbereite junge Leute sind mir schon in Alten- und Pflegeheimen begegnet. „Dein Blut komme über uns und unsere Kinder gnädiglich.“ Welch ein Segensgebet über diesen jungen Menschen.

Jesus bezeichnet seine Jünger liebevoll als „Kinder“. Sind wir älteren Jesusjünger und -jüngerinnen nicht auch Eltern im Glauben für die, die durch das Wort zum Glauben gekommen sind oder durch uns Zuspruch und Wachstumshilfe erwarten oder bekommen haben? Ja, auch sie gehören mit Recht zu denen, die wir mit uns zusammen unter das lösende Blut Jesu stellen dürfen. Welche Bitte könnte umfassender und machtvoller für sie und uns sein als diese? Mit dieser Bitte binden wir sie nicht an uns, sondern übergeben sie ganz dem Herrn, der ihnen den Glauben geschenkt hat.

Selbst die Kinder, die zwar gezeugt, aber nicht am Leben gelassen, sondern abgetrieben werden, sind „unsere Kinder“. Blut wird millionenfach vergossen und Leben ausgelöscht. Das wirkt sich ja nicht nur auf die betroffenen Mütter und Väter aus, sondern auch auf uns als ganze menschliche Gesellschaft und als Gemeinschaft der Heiligen, der Kirche. Welch eine Gnade, dass wir beten dürfen: „Dein Blut komme über uns und unsere Kinder gnädiglich.“ Wo auch sollten wir hin mit dem ganzen Elend dieser Realität? Nur durch das Blut Jesu liegt auch über diesem unvorstellbaren Friedhof des Grauens die Morgenröte der Auferstehung.
Wahrhaftig: Dies Gebet ist in seiner Tiefe und Weite ein Gebet für alle Menschen, für alle, die Jesus lieben und „im Namen Jesu“ beten wollen!