Erfahrungen in der Landwirtschaft können etwas von dem widerspiegeln, was auf verschiedenen Ebenen des Lebens zu beobachten ist. Insofern ist auch die Schöpfung so etwas wie eine Lehrmeisterin, die von derselben Sehnsucht nach Erlösung gekennzeichnet ist wie wir Menschen. Was sie uns abverlangen kann, ist oft recht lehrreich.

Der Begriff „Zeitenwende“ lässt sich wohl eher nicht auf die Landwirtschaft beziehen, aber auch in diesem Bereich gibt es viele neue und alte Herausforderungen.

Das Wort „climate change“ ist in aller Munde. Es ist nicht nur ein Wort, sondern eine Realität. Bibelleser wissen, dass dies nicht der erste Klimawandel ist, der über den Erdball geht, und wahrscheinlich auch nicht der letzte. 

Von daher ist es wichtig, mit den Gegebenheiten klug umzugehen. Fakt ist: Die Sommer werden trockener. Deshalb wird es für Landwirte immer schwieriger, im Getreide-, Futter– und Gemüsebau zu überleben. In Zukunft werden wir den Anbau im Frühjahr und Herbst verstärken und im Sommer in den geschützten Anbau (Gewächshaus) übergehen. Auch von manchen Kulturen werden wir uns verabschieden, andere wiederum mehr anbauen.

Falsch finde ich, dieser Situation mit Angst zu begegnen. Wir sollten eher mehr vertrauen, dass die Natur schon weiß, was sie macht. Wenn ich anständig mit ihr umgehe, ist sie nicht mein Gegner. Die Schöpfung „denkt“ in den Kategorien „Gleichgewicht / Ungleichgewicht“ oder „maßvoll / maßlos“. Verantwortung übernehmen heißt: diese Kategorien berücksichtigen und entsprechende Konsequenzen ziehen.

Die Schöpfung „denkt“ in den Kategorien „Gleichgewicht / Ungleichgewicht“ oder „maßvoll / maßlos“. Verantwortung übernehmen heißt: diese Kategorien berücksichtigen und entsprechende Konsequenzen ziehen.

Über die Coronazeit sind auffallend viele Menschen auf unseren Hof gekommen, um aufzutanken, Hoffnung zu schöpfen, Fragen zu stellen oder mal ganz schlicht in den Arm genommen zu werden.

Das war schon ein bisschen ungewöhnlich. Große Angst und Verunsicherung waren zu spüren, aber auch viel Offenheit, mal über das Leben nachzudenken. Die Frage nach Gott kam oft von ganz allein.

Bei uns auf dem Hof kann man auch Sozialstunden ableisten. Auch in diesem Zusammenhang sind viele Menschen zu uns gekommen, mehrheitlich sehr junge Männer mit Migrationshintergrund. Sie haben sich das Leben hier in Deutschland oft ganz anders vorgestellt. Da kostet es schon Mühe, ihnen zu zeigen, dass man auch hier für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss. Nicht alle werden hierbleiben können. Diese Situation ist eigentlich eine Überforderung für alle.

Außerdem vernetzen wir uns gerade mit Pädagogen, die auf unserem Hof mit schwer erziehbaren Jugendlichen arbeiten. Zusammen suchen wir Wege für sie, um sie wieder in einen strukturierten Tag zu bringen. Es ist wirklich neu und sehr herausfordernd, aber auch sehr schön zu beobachten, wie schwierige, belastete Menschen mit großen Problemen wieder Schritte in Richtung Normalität gehen können. Vielleicht entwickelt sich da eine neue Art von Pädagogik unter freiem Himmel mit Menschen voll Herzblut. 

Lässt sich das als Zeitenwende verstehen? Eher ist es als Zeitenspiegel unserer Gesellschaft und ihrem Zustand zu sehen, voll Gottesferne, aber auch voll von Gottes liebevoller Nähe. Vielleicht erleben wir in Europa ein immer schneller werdendes Zeitenende, das dann zu der ersehnten Zeitenwende (Wiederkunft Jesu) führen wird. Darauf wartet die ganze Schöpfung.


Autor

Sebastian Soiné
Sebastian Soiné, Philadelphia-Verein, Leonberg
  • Logo - Philadelphia-Verein

    Philadelphia-Verein

    Das Philadelphia-Werk ist ein konfessionell freies, christliches Werk. Mit seinen diakonischen Einrichtungen ist es Mitglied des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche in Württemberg.

    Weitere Information…