Beschränkungen bei den Gottesdiensten während der Corona-Pandemie haben zeitweilig Gedanken aufkommen lassen, dass es in anderen Regionen der Welt für Christen noch viel gravierendere Einschränkungen gibt. Deshalb ist es angesichts der momentanen Krisen erst recht gut, sich das Erleben der verfolgten Christen vor Augen zu führen. Dieser wertvolle Anstoß und bleibende Ansporn mögen unsere Verbundenheit und priesterliche Verantwortung vertiefen.
Die Verfolgung von Christen in unserer gegenwärtigen und aufgeklärten Zeit dürfte für uns eigentlich kein Thema sein. In den aktuellen weltlichen Medien wird über diese Problematik so gut wie nichts berichtet. Was sind die Themen, von denen viel und intensiv berichtet wird? Seit drei Jahren geht es immer wieder um die Folgen und Auswirkungen von Corona. Dabei müssen wir feststellen, dass uns die Nachwirkungen von Corona noch lange beschäftigen werden. Im März 2020 erstarrte bei uns das öffentliche Leben. Selbst die Gottesdienste konnten nicht mehr stattfinden. Das religiöse Leben beschränkte sich größtenteils auf Predigten aus dem Internet. Nur persönliches und familiäres Gebet waren offiziell möglich. Es wurde auch kein Abendmahl mehr gespendet.
Dieser Zustand erinnert mich an unsere verfolgten Geschwister. Für sie sind Gottesdienste in der Öffentlichkeit verboten. Daher treffen sich die Gläubigen an geheimen Orten, wo sie gemeinsam die Bibel lesen, beten und das Heilige Mahl feiern. Christen brauchen diese Gemeinschaft und die gegenseitige Stärkung. Wenn dies nicht möglich ist, erkaltet das Gemeindeleben und mein persönlicher Glaube verliert an Kraft. Das kann auch keine Predigt zu Hause im Fernsehsessel ersetzen. Das gemeinsame Loben und die Anbetung sind ein wichtiger Bestandteil unseres Christenlebens. Unsere Geschwister in der Verfolgung riskieren Gefängnis, Verhöre und Folter, wenn sie zu einem gottesdienstlichen Treffen gehen und nehmen diese Gefahren bewusst in Kauf. Die Zusammenkünfte sind meist mit beschwerlichen langen Wegen zu unüblichen Zeiten verbunden. Trotz dieser gefährlichen Situation setzen sie alles daran, sich mit ihren Glaubensgenossen zu treffen. Verfolgte Christen scheuen keine Mühe, um sich zu versammeln. Ihr Glaube wird durch diese Treffen gefestigt und gestärkt.
Nachdem dann bei uns wieder Gottesdienste mit Auflagen stattgefunden hatten, verringerte sich die Zahl der Gottesdienstbesucher erheblich. Pfarrer berichteten mir, dass das Bedürfnis nach dem Empfang des Heiligen Mahles zurückgegangen ist. Sollte nicht in solchen schwierigen Zeiten dieses Sakrament unseren Glauben stärken und uns die Gegenwart Jesu spüren lassen? Unsere verfolgten Geschwister leben aus dieser Kraftquelle, denn ohne diese Stärkung könnten sie die Gefahren und Anfechtungen gar nicht überstehen. Wir können uns nicht vorstellen, in welchen Bedrohungen und in welcher Armut sie ihren Glauben leben. Es sind wahrhafte Nachfolger Jesu!
Durch ihr mutiges Glaubenszeugnis in ihrem Umfeld sind sie ein strahlendes Bild der Liebe Jesu. Ihr Mut sowie ihr Zeugnis strahlen auf ihre Umwelt aus. Sie werden als Nachfolger Jesu wahrgenommen. Ihre Kraftquelle ist das Gebet, durch das sie gelernt haben, trotz des starken Druckes, Verfolgung und anderen Anfechtungen Jesus Christus als ihren Herrn und Erlöser in ihrem Lebensbereich zu bekennen.
Unsere Geschwister haben erfahren, dass Gebet eine geistliche Kraftquelle ist und sie spüren, wie ihre Gebete erhört werden. Diese Glaubenserfahrungen habe ich als Zeugnis vor Ort in den Ländern der Verfolgung oft von unseren Geschwistern hören dürfen. Dieses enge Gebetsleben mit Jesus hat mich sehr beeindruckt und ich durfte so die Größe unseres Gottes spüren. Die Not lehrt die verfolgten Christen beten. In ihrem Umfeld werden sie bedroht, niemand hilft ihnen bzw. selten empfangen sie Hilfe. Nur Jesus allein ist ihr Ratgeber, Helfer und Tröster.
Und trotzdem das Wunder: Die Gemeinde Jesu heute wird weltweit täglich größer, besonders in der Verfolgung. Ist uns diese Tatsache wirklich bewusst, dass damals zu Zeiten Jesu und auch heute aktuell die Gemeinde Jesu wächst?
Bei uns in Deutschland und Europa nimmt die Zahl der Christen massiv ab. Auch Gemeindeneugründungen können diesen Trend nicht abwenden.
Regt uns diese Aussage zum Nachdenken an? Oder nehmen wir sie wie viele andere Nachrichten, die täglich auf uns einströmen, nur nebenbei zur Kenntnis? Ich glaube, es lohnt sich, einmal ernsthaft nachzudenken, warum in unseren Breiten der Glaube so stark zurückgeht und die Lebendigkeit des Glaubens immer mehr in Formalismus erstarrt. Unser Wohlstand macht uns geistig träge. Unsere Glaubensgeschwister haben nichts zu verlieren, denn materiell bleibt ihnen nur das Lebensnotwendigste. Ihr Glaube lebt aus der engen Verbindung zu Jesus Christus. Gottes Wort ist für sie nicht immer erreichbar. Wir haben Bibeln in verschiedenen Ausgaben immer greifbar. Leben wir mit Gottes Wort, der frohen und lebendigen Botschaft? Was prägt uns derzeit mehr in unserem Alltag? Ist es die Botschaft aus Gottes Wort oder sind es die Medien, die uns mit Negativmeldungen immer wieder neu schockieren wollen? Wir können das Alltagsgeschehen selbst nur wenig beeinflussen. Aber Jesus Christus hat die Macht und alles ist in seiner Hand. Gehen wir zu ihm mit unseren Sorgen und Nöten. Vertrauen wir ihm! Nehmen wir uns hier ein Beispiel an unseren verfolgten Geschwistern. Sie leben in der Gegenwart Jesu. Sie erleben seine Kraft und Hilfe. Gehen wir wieder bewusst auf Jesus zu.
Vertrauen wir ihm und nicht mehr den Nachrichten, die uns in Unruhe versetzen wollen. Verlassen wir uns wieder erneut auf die Kraft seines Wortes und leben danach.
Die Menschen hofften, dass Corona nach einem gewissen Zeitraum wieder vorbei ist und dann der gewohnte Alltag wieder stattfindet, wie vorher. Dieses Wunschdenken ging nicht in Erfüllung, sondern mit dem 24.02.2022, dem Beginn des Krieges in der Ukraine, kamen neue Probleme auf uns zu. Die Pandemie hält uns weiter in Atem und die Folgen des Krieges sind für uns noch nicht überschaubar.
360 Millionen verfolgte Christen weltweit hoffen darauf, dass wir sie nicht vergessen und im Gebet tragen. Immer wieder wird in der Bibel zum Gebet aufgerufen, wie in Eph 6,18 1: „Wendet euch, vom Heiligen Geist geleitet, immer und überall mit Bitten und Flehen an Gott. Lasst dabei in eurer Wachsamkeit nicht nach, sondern tretet mit Ausdauer und Beharrlichkeit für alle ein, die zu Gottes heiligem Volk gehören.“
Legen wir alle unsere Sorgen und Probleme in Gottes Hand. Aktivieren wir unser Gebetsleben. Beten wir nicht nur für unsere Anliegen, sondern auch für unsere verfolgten Geschwister.
Die Gemeinde Jesu heute wird weltweit täglich größer, besonders in der Verfolgung.
Autor
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Volksmissionskreis Sachsen
Der Volksmissionskreis Sachsen e.V. ist innerhalb der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden.
Fussnoten