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“Ihr seid gekommen zu dem Berg Zion
und zu der Stadt des lebendigen Gottes,
dem himmlischen Jerusalem, und zu den vielen tausend Engeln,
und zu der Versammlung und Gemeinde der Erstgeborenen,
die im Himmel aufgeschrieben sind,
und zu Gott, dem Richter über alle,
und zu den Geistern der vollendeten Gerechten
und zu dem Mittler des neuen Bundes, Jesus.
Seine Stimme hat zu jener Zeit die Erde erschüttert,
jetzt aber verheißt er und spricht: Noch einmal will ich erschüttern
nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel.
Dieses “Noch einmal” aber zeigt an,
dass das, was erschüttert werden kann,
weil es geschaffen ist, verwandelt werden soll,
damit allein das bleibe, was nicht erschüttert werden kann.
Darum, weil wir ein unerschütterliches Reich empfangen,
lasst uns dankbar sein und so Gott dienen
mit Scheu und Furcht, wie es ihm gefällt;
denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer.”
(aus Hebräerbrief 12)
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Bruder Johannes Junger
Wir leben in einer Umbruchs- und Wendezeit – geistlich, geistig und weltgeschichtlich. Die Menschheit und mit ihr die Christen und das Volk Israel gehen auf das “unerschütterliche Reich” zu, das der Profet Haggai einst ansagte:
“So spricht der Herr Zebaoth: Es ist nur noch eine kleine Weile, so werde ich Himmel und Erde, das Meer und das Trockene erschüttern” (Hag 2,6).
Das Volk Israel hatte eine furchtbare Enttäuschung erlebt: Die Menschen wurden zur Zeit des Profeten Jeremia in die Gefangenschaft nach Babylon verschleppt und fragten: Wo ist unser Gott?
In vielen Psalmen klingt ihre Klage auf: Die Heiden sagen: Wo ist nun ihr Gott? Der Tempel ist zerstört. Das Land ist verwüstet! Die Feinde siegen. Wir aber sind in der Gefangenschaft!
Doch dann kam der Ruf des Profeten Jesaja: Gott führt euch heraus. Gott fängt neu an. Gott wird eine Wiedererweckung des Ursprünglichen herbei führen. Ihr sollt wieder Gottes Volk sein. In den Leiden der Gefangenschaft habt ihr eure Hingabe erneuert. Gott hat euch neu bereitet für euren Auftrag!
Mit dieser Erwartung kehrte das Volk Israel in die Heimat zurück. Doch bald erlebte es eine bittere Enttäuschung: Im Land wohnten Fremde, die ihren Besitzanspruch verteidigten. Auch die zurück gebliebenen Volksgenossen, die nicht in die Gefangenschaft geführt worden waren, wehrten sich und dienten fremden Göttern. Und schließlich waren die Rückkehrer untereinander zerstritten über die nun zu ergreifenden Maßnahmen des Wiederaufbaus. Dabei sehnten sich doch alle nach der umwälzenden Erneuerung, die die Profeten im Exil angekündigt hatten.
In dieser Zeit trat der Gotteszeuge Haggai auf. Er wirkte nur etwa vier Monate; doch die Botschaft seiner vier kurzen Reden reicht bis heute.
Haggai hinterfragte den Lebensstil seines Volkes: Was ist euch das wichtigste? Sind es eure eigenen Häuser? Sind es eure eigenen Gedanken und Hoffnungen? Wisst ihr wirklich, was Gott will? Ihr fragt ja gar nicht nach ihm. Kehrt doch um zu Gott! Alles andere hilft euch nicht. Wenn ihr nicht nach Gottes Willen fragt, wird er zu euch sagen: Ihr seid nicht das Volk, das ich suche. Aber ich will mich doch herrlich unter euch erweisen…
Der Prophet Haggai hatte die große Gefährdung erkannt: Man kann meinen, Gottes Willen zu verstehen und zu tun und dabei doch sich selber verwirklichen. Es gibt Gemeinden, die sich wähnen, voll Heiligen Geistes, voll Eifer und Feuer zu sein; es gibt Menschen, die viele Gaben kennen – und die sich doch selber suchen. Haggai wagte offene Worte: Ihr baut nicht das Haus des Herrn, den Tempel, als Zeichen der Gegenwart Gottes unter den Völkern. Die Völker sollten doch herzu laufen und Gott in eurer Mitte erkennen. Aber ihr feiert euch selber. Ihr meint, der Tempelbau sei zu klein; er müsste imposanter sein; die Gottesdienste müssten noch feierlicher und bunter werden. Doch Gott sagt: Ich suche nicht eure schönen Gottesdienste; ich suche euer Herz. In eurem Herzen möchte ich wohnen. Von Herzen sollt ihr meinen Willen tun. Der äußere Gottesdienst mit allen schönen Psalmen und Liedern bedeutet mir nichts im Vergleich zu euren Herzen. Ich möchte euch persönlich erreichen mit allem, was euch im Innersten bewegt!
Unerschrocken wies Haggai darauf hin, dass Israel die Weisungen und Gebote Gottes nicht befolgte. Wie kann es Israel gut gehen, wenn es nicht tut, was Gott verlangt? Der Profet mahnte: Prüft Gott! Wenn ihr ihn von ganzem Herzen sucht und seinen Willen tun wollt, werden sich auch die äußeren Dinge ordnen.
Und in seiner letzten Rede kündigte Haggai das unerschütterliche Reich Gottes an: Gott hat die Erde schon einmal bewegt am Sinai. Und noch einmal wird Gott Himmel und Erde bewegen und erschüttern. In Gericht und Gnade wird er eingreifen. Was bis dahin undenkbar war, wird kommen: An Sonne, Mond und Sternen werden Zeichen geschehen. Gott wird eingreifen und die Throne und Reiche der Herrscher erschüttern.
Haggai endete mit einem eindringlichen Anruf, Gott zu vertrauen: Sei getrost, sei getrost, Jeschua, du Hoherpriester. Vertraue mir, du geistlicher Führer. Sei du ein Erstling. Geh du voran. Sei getrost, alles Volk im Land. Ich habe euch alle im Blick. Ich bin mit euch. Schaut nicht auf euch. Schaut auf mich. Ich will euer aller Heil und ich werde kommen.
Die Juden waren tief betroffen. Und es geschah das Wunder: Das Volk kehrte um; der geistliche Führer, Jeschua, und der weltliche Herrscher, Serubbabel, hörten auf Gott.
Am Ende der Worte Haggais ermutigte Gott Serubbabel: “Wenn dies alles kommen wird, an jenem Tage, mache ich dich zu meinem Bevollmächtigten. Du bist für mich wie mein Siegelring, denn ich habe dich erwählt. Darauf gebe ich, der Herr, der allmächtige Gott, mein Wort!” (Hag 2,23).
Generationen später greift der Hebräerbrief diese Botschaft wieder auf und setzt hinzu: Gott wird nicht eingreifen und handeln ohne seine Priester und Diener, nicht ohne seine Erstlinge. Sie laufen mit Geduld, in dem Kampf, der ihnen bestimmt ist; sie sehen auf zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens (vgl. Hebr 12).
Wo sind heute diese Erstlinge, die dem Lamme nachfolgen, wohin es geht? Wer ruft: “Herr, komm und führe diesen Akt doch endlich aus! Um deiner Menschheit und Schöpfung willen, komm! Wir warten auf dich. Um deiner Kirche und um Israels willen, greife ein, Herr!” Haben wir dieses Vertrauen, dass Gott sein herrliches Werk vollenden wird?