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Noch einmal werden wir an die Wesensveränderung durch Jesu Blut erinnert, nämlich vom Gericht zur Gnade. Die altertümliche Formulierung „gnädiglich“ darf uns nicht auf jene Fährte locken, wo darunter eine unangenehme Herablassung verstanden wird. Gottes Gnade hat eine andere Substanz. Die Wortzusammenhänge im deutschen Sprachraum zeigen eine interessante Spur. Für mich erschließt Gnade ein Privileg und im Bezug zu Jesu Blut empfinde ich einen der gravierendsten Vorzüge, die einem Menschen gewährt wird.

Frühere Herrscher bezeichneten sich gern „von Gottes Gnaden“. Damit drückten sie die göttliche Privilegierung aus (jemand mit einem Recht ausstatten). Ich bin sehr froh für solche Prägungen, weil die Schöpfung „Mensch“ tatsächlich und nach Gottes Willen als sein Abbild unter einem Gottesauftrag steht. Diesen Auftrag kann er aber nur erfüllen, wenn Jesu Blut (der ganze Christus) über ihn kommt und ihn erfüllt. Im germanischen Wortschatz mit den Vorläufern für das Wort Gnade ist Gunst gemeint. In der Tat gibt es für einen Christenmenschen nichts Günstigeres als mit dem Wesen Christi durchpulst zu werden. Aus dem heraus entwickeln sich dann Berufung und Sendung. Vollmächtiges Handeln ist ohne Gnade Gottes undenkbar. (23)

Anmerkungen

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23

Das Wort Gnade im Griechischen heißt „charis“ und daraus entwickelt sich das Charisma. Wer ein rechtes Verhältnis zu den Charismen hat, der spürt dabei die Teilhaftigkeit am göttlichen Wesen und nicht einen Besitzstand hinsichtlich außerordentlichen Wirkens.

Der lebendige Gott verteilt nicht Gnade, erst recht nicht nach dem Gießkannenprinzip. Er ist Gnade, wie er auch Liebe ist.

Wunderbar bezeugt das Johannes in seinem Evangeliums-Vorspann:

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit (1,14).

Ich empfinde bei Paulus die diversen Wünsche am Ende seiner Briefe sehr beachtenswert, weil er dabei die Gnade des Herrn anspricht: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen.

Da leuchtet der Wesenszug Gottes auf – im Sinn von: Sie – die Gnade – soll bei euch eine Realität sein. Weniger gefallen mir die ganz anders gefärbten Wünsche, wie: Gott sei euch gnädig. Sie reduzieren die Gnade auf „Schwamm drüber“.

Petrus erwähnt in seinem 1.Brief, dass Gott ein Gott aller Gnade ist, der uns berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christo Jesu.

Paulus benutzt den Begriff von der Fülle der Gnade (Röm 5,17), also nicht da und dort gnädig handeln, sondern in der Gnade leben und im Leben herrschen.

Wenige Lieder besingen den hier beschriebenen Tatbestand. Der Vers 6 des Liedes „Nun jauchzt dem Herren alle Welt“ von David Denicke beruft sich auf die Seinsinhalte Gottes:

ER ist voll Güt und Freundlichkeit,
voll Lieb und Treu zu jeder Zeit;
sein Gnad währt immer dort und hier
und seine Wahrheit für und für.

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