Holger Bischof, Weiden i.d.Opf.

Wir brauchen eine Theologie der Versöhnung: Gott liebt alle Menschen. Gott hat die Welt erschaffen. Gott hat am Kreuz die Welt mit sich versöhnt – und auch uns untereinander,“ sagte uns Dr.Salim Munayer auf der bereits erwähnten Reise im Frühjahr nach Israel.

1990 schlossen sich auf Initiative von S. Munayer palästinensische und messianisch-jüdische Gemeindeleiter im Verein Musalaha (arabisch: Versöhnung) zusammen. In Verbindung mit dem Bethlehem Bible College will der Verein die Versöhnung zwischen Juden, Christen und Palästinensern fördern. Er ist auch Träger einer Bibelschule, die in einem vierjährigen Theologiestudium Gemeindeleiter und Prediger für die christlichen palästinensischen und die messianisch-jüdischen Gemeinden ausbildet.

Im Autonomiegebiet können die Absolventen auch Religionsunterricht von der Grundschule bis zum Gymnasium erteilen. Zusätzlich werden sie zur Gestaltung von christlichen Radio- und Fernsehprogrammen und zu Touristenführern ausgebildet. Es gibt großen ‘Hunger’ nach dem Wort Gottes, besonders unter den jungen Christen im Autonomiegebiet. Viele bewerben sich am Bible-College in Betlehem und an der weiteren Ausbildungsstätte in Nazareth. Die z.Zt. 150 Studenten kommen aus verschiedenem konfessionellen Hintergrund, z.B. aus der griechisch-orthodoxen, der römisch-katholischen, der evangelischen, der armenischen oder der syrischen Kirche.

In den Palästinensergebieten leben nur noch ca. 180.000 Christen. Der Anteil an der muslimischen Bevölkerung beträgt 2%; bis 1948 waren es 20%! Wegen der Kriege wurden viele Christen Flüchtlinge. Viele sind wegen der schlechten wirtschaftlichen und politischen Lage ausgewandert, vor allem in die USA.

Es ist ein sehr komplizierter Konflikt zwischen Juden und Palästinensern.S.Munayer beklagte: „Es gibt so viele Kräfte von außen, die in diesen Konflikt hineingezogen werden, die Versöhnung verhindern. Es ist, wie wenn ein Ehepaar im Dorf ein Problem hätte und jeder gibt seinen ‘Senf’ dazu. Schon kleine Kinder von fünf Jahren beginnen zu hassen. Diese Gesinnung lernen sie von den Älteren und Erwachsenen in der Schule, auf Spielplätzen und in den Medien. Wir erleben hier eine ‘De-Humanisierung’. Wir schauen uns nicht als Menschen an, die von Gott geschaffen sind, vielmehr wird die Religion dazu benutzt, den Hass zu rechtfertigen. Natürlich geht es dabei auch um Identität. Der Jude, der Palästinenser, jeder möchte seine eigene Identität bewahren. Sie ist beeinflusst durch die Geschichte. Sie ist geprägt von dem, was die Menschen als Opfer und Verletzte erlebt haben. Weil sich hier so wenig sichtbar zum Positiven ändert, haben viele eine fatalistische Sicht des Lebens: Sie haben sich mit der bestehenden Situation abgefunden.“

Konkrete Versöhnungsschritte

„Wenn man uns fragt:’Was tut ihr, wenn ihr jeden Tag am Check-Point durch das Militär kontrolliert werdet ?’, antworten wir mit der Gegenfrage: ‘Was würde Jesus getan haben?’ Denn was sollten wir von Leuten lernen, die uns ständig verletzen (demütigen)? Wir wollen Versöhnung nicht nur predigen oder studieren, sondern auch tun.“ Das fängt an auf den Sommerlagern des Bibel College oder bei den seit 2006 begonnenen Sportcamps. Die messianisch-jüdischen und palästinensischen Studenten lernen, Vorurteile und Misstrauen abzubauen und mit den Unterschieden umzugehen. Um untereinander Beziehungen aufzubauen, werden beispielsweise immer zwei Studenten gemeinsam in die Wüste geschickt: Einen Tag lang reiten immer ein Israeli und ein Palästinenser miteinander auf einem Kamel durch die Wüste. Sie erleben diesen Ort als Anfechtung und Bedrohung; doch sie lernen gleichzeitig, wie sehr sie an diesem Tag aufeinander angewiesen sind; sie lernen zuzuhören und auf den anderen einzugehen. Viele Freundschaften sind mit solch kleinen Versöhnungsschritten schon zwischen Israelis und Palästinensern entstanden!