Frieder Rebafka

Eingestiftet in den einen Leib Christi.

Meine Begegnung mit dem „Ökumenischen Christusdienst“ (OeC) geschah durch Werden und Wachsen. Dazu einige Wegweisungen und Stationen auf meinem Weg.

Im CVJM lernte und erlebte ich, was Christsein, geistliche Gemeinschaft, Dienst im Reiche Gottes und Wirkungen des Heiligen Geistes bedeuten. Dafür bin ich sehr dankbar. Bei allen Erfahrungen des geistlichen Lebens bewegte mich immer wieder die Frage: Was folgt nach dem Beginn eines Glaubenslebens? Welches Ziel hat die Gemeinde Jesu, seine Kirche, sein Reich usw.?

Durch Fragen und Auseinandersetzen mit dem Epheserbrief, insbesondere durch Eph. 4,11-15, erkannte ich: Christus will Form und Gestalt in unserem Christsein gewinnen, damit wir zu einem vollendeten Menschsein und alle zur Einheit des Glaubens und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen. Wie kann das bei den vielen Unterschieden in Kirchen/Gemeinden geschehen, dass „alle zur Einheit kommen“? Ein hoher Anspruch, wie gelingt das?

Ich war überzeugt, dass heute Diener Christi der Einheit mehr denn je gebraucht werden.

Bei verschiedenen Gelegenheiten und an unterschiedlichen Orten lernte ich solche Diener der Einheit und die Botschaft des OeC kennen. Es war eine Botschaft, die auf eine tiefe Berührung durch den Geist Gottes verwies, die eng mit der Lebensweise der Personen verbunden ist und so auch nur von ihnen vermittelt werden kann. Der Inhalt dieser Botschaft lässt sich kurz aber klar aussagen: Durch die Liebe Gottes, die sich in der Hingabe seines Sohnes Jesus am Kreuz offenbarte, ist die Welt erlöst. Gott hat alles getan; er diente mit seiner Liebe zum Heil der Welt. In dieser kurzen Zusammenfassung werden der göttliche Heilsplan und die Priorität des geistlichen Lebens deutlich umrissen.

Einheit ist im Dreieinigen Gott.

So verstand ich auch die Antwort/Reaktion auf die Tat Gottes, dass aller Glaube und aller Dienst dazu bestimmt ist, hineinzurufen und hineinzuführen in die umfassende Liebe Gottes, damit der Wille Gottes geschehe. „Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit“ (Röm 11,36).
Eine Botschaft, die mir in dieser Weise neu war. Sie löste in mir innere Betroffenheit und eine suchende Unruhe aus.
Durch einen Ortswechsel nach Stuttgart kam ich mit Brüdern vom gemeinsamen Leben zu weiteren Begegnungen und Gesprächen über den OeC zusammen. Immer wieder stellte ich die Frage: Wie ist der OeC zu verstehen, wie lässt er sich definieren, was ist der Sinn dieses Dienstes?

Auf eines der zentralen Anliegen Jesu, das Gebet der Einheit aus Joh 17, kamen wir oft zu sprechen. Die durch Jesus erbrachte Einheit am Kreuz will Gott in seiner Kirche und in seiner Gemeinde offenbaren, verwirklichen und vollenden, auf dass Gott allein die Ehre bekommt. Mir wurde dabei klar, dass dieses Verständnis der Einheit nicht vom Menschen aus geschaffen werden kann, mag das Anliegen dazu noch so richtig erkannt und für Gott getan sein. Alle Aktivitäten gehen von Gott aus und führen zu ihm zurück. Gleichsam einem Schleier, der vor meinem inneren Auge weggezogen wurde, erkannte ich dieses wertvolle Anliegen Gottes. Zugleich erschloss es mir den Dienst des OeC als eine umfassende apostolische Antwort.

Wie (er)lebe ich den OeC? –

Im Alltag müssen wir immer wieder lernen, Wesentliches und Eigentliches zu unterscheiden. Oft sind wir mit wichtigen Aufgaben so beschäftigt, dass wir diese unwillkürlich an vorderste Stelle rücken und dabei das Eigentliche, das oftmals Verborgenliegende, nicht erkennen. Vieles wird erst erkennbar, wenn das Wahre dem Ziel entspricht und dem durch ein Verhalten auch gerecht wird, es dem Wesen der Liebe entspricht. Die Liebe als eine bestimmende und erfahrbare Realität unseres Lebens zeigt sich nach außen in tausend Facetten, aber ihr Innerstes bleibt letztlich im Verborgenen. Es ist ein innerstes Geheimnis und ergreift nur die Liebenden selbst.

Der OeC ist Geheimnis, das im Herzen Gottes bewahrt ist. Nicht, dass es ein unsichtbarer Dienst wäre, sondern Gott hat dieses Geheimnis am Kreuz Jesu Christi offenbart. Hier wird die Leidenschaft und die Aktion der Liebe Gottes auf unnachahmliche Weise für alle Zeiten und Ewigkeit dokumentiert. Diese Liebe Gottes geht bis in ihre unterste Niedrigkeit. Opfer, Leiden und Hineinsterben sind die Baumaterialien Gottes für seinen einenden Leib, seine eine Kirche.

Mich erfasst darin keine geistlich erbauliche Befriedigung. Ich erlebe immer wieder eine innere in Freiheit beschlossene Verpflichtung, dem Dienst Christi folgend, zu glauben, zu bitten und mit zu sammeln, zu dem einen Leib Jesu, der das Haupt der Kirche ist. Als Glied dieses einen Leibes und als Kind des einen Vaters wächst Gewissheit und Vertrauen, dass ich ganz in diesen Leib eingestiftet bin. Mein Platz im CVJM und in meiner Kirche bleiben darum weiter wichtige Stätten, um dem Willen des Vaters und dem Auftrag Jesu nachzukommen.

Einheit umfasst alle und alles.

Jahre später erlebte ich in meinem Dienst eine existenzielle Krise. Wer in einer solchen Situation auf seinen Ruinen sitzt, dem erscheint, als hätte Gott mit ihm abgeschlossen. Tiefer Zweifel ergriff mich. Es war für mich eine Zeit der Umkehr, der Buße, des Leerwerdens von Erwartungen und Vorstellungen, ein Wandeln auf Gottes dunklen Spuren. Mir wurde immer deutlicher, dass wir uns die entscheidenden Antworten in einer Krise, ja überhaupt in unserem Leben, nicht selber geben können. Wir müssen bereit sein, dem Wort zu gehorchen. Und lag nicht in jeder Krise auch eine neue „Gottes-Chance“?

Die Hilfe Gottes erfuhr ich nicht so sehr in menschlichen Tröstungen, Methoden oder frommen Erbauungen, wenngleich ich die brüderliche Begleitung nicht missen wollte. Ich erlebte vielmehr, dass bei Gott alles zusammenfließt, das Vergangene, das Gegenwärtige, das Zukünftige, das Dunkle und das Frohe, das Leid und das Leben. In IHM hat alles seinen Bestand, seine Bedeutung und seine Ordnung. Die Mitte bildet dabei Jesus selbst, er ist das Zentrum des ewigen Evangeliums. An seiner Hingabe auf Golgatha – die äußerlich gesehen auch ein Versagen kennzeichnete – wurde mir die wahre Liebe Gottes und die Bedeutung des „Folge-mir-nach“ als Lebensgrundlage nochmals tief deutlich. Er, der Gott der Liebe, verbindet sich mit uns Menschen, die wir in Versagen, Schuld und Sünde verstrickt sind, die aber in Jesus überwunden wurden. Ihm darin zu folgen in Hingabe und Vertrauen und lernender Liebe, war Ausweg aus einer tiefen Ohnmacht.

Mein zentraler Punkt war das mir bereits bekannte Einheitsgebet, das ich aber in einer ganz neuen Tiefe und Berührung erlebte: „Vereinige uns alle mit dir und miteinander in der einen, alle und alles umfassenden Lebens- und Liebesgemeinschaft unzertrennlich mit deinem heiligen Herzen“ Diese Herzensstiftung stellte mich in einen neuen Bezug. Ich empfing nicht nur ein neues Hineingebundensein in denen einen Leib Christi, sondern ich sah mich zugleich der elementaren Botschaft der Einheit aller Christen in Christus verpflichtet.

Dieser priesterliche Dienstauftrag, den ich bezeugen, bewusst machen und darstellen wollte, lag mir tief im Herzen. Es war eine empfangene Notwendigkeit, das eigene Leben Christus zu unterstellen und den anderen zur Verfügung zu stellen.

Die wieder neu entdeckte Gemeinschaft mit Gott und das innere Gesunden gaben Anlass zur Freude und zur Bereitschaft zu versuchen, wie Jesus Spannungen auszuhalten, Lasten zu tragen und einander in Liebe zu begegnen. Lernte ich bisher durch Einsetzung und Nutzung meiner äußeren Möglichkeiten, Veränderung und Ergebnisse zu erreichen, erfuhr ich nun, dass eine Lebenserschütterung in der Tiefe ebenfalls zu einer Verwandlung beiträgt.

Das sind alles keine fertigen Antworten und keine klaren Anleitungen, wie das im Alltag auszuleben ist. Es ist aber eine Ermutigung zum Aufbruch ins Leben, um darin Gott die Ehre zu geben.