edith_stein
In deinem Herzen wohnt der ew’ge Frieden.
Du möchtest ihn in alle Herzen gießen,
du möchtest in sie überfließen,
doch findest keinen Eingang du hienieden.
Sie haben für dein leises Pochen keine Ohren,
so musst du mit dem Hammer schlagen.
Nach langer Nacht erst wird der Morgen tagen,
in harten Wehen wird dein Reich geboren.

[[Edith Stein]], verstorben 1942

… in harten Wehen wird dein Reich geboren

Edith Stein hat die lange Nacht des Martyriums durchlitten. Sie ahnte im Glauben, dass der Morgen des Reiches Gottes trotz aller Gewalt und Menschenverachtung einmal anbrechen würde. Mit bewussten Gegenbildern (“Hammer“, “Fackel“, “Führer“) wagte sie während der Herrschaft der Nationalsozialisten


den klagenden Aufschrei. Obwohl für sie persönlich und für unzählige Menschen das Leben auf dem Spiel stand, setzte sie doch ihre Hoffnung zuerst auf die Macht Gottes. Ist die Lage heute anders? Vielleicht trifft es zur Zeit gerade nicht direkt uns Europäer, aber die Menschen im Nahen Osten, in Afrika oder im fernen Asien? Die Kraft der Märtyrer war und ist ihr Glaube an die Wahrheit der ewigen Gottesherrschaft. Deshalb erinnern uns die Beiträge dieses Heftes daran, dass wir den Blick über die bedrohlichen und notvollen Zeichen der Zeit hinaus zum Horizont des Reiches Gottes erheben. Wir sollen uns hindurchglauben, bis – auch durch harte Wehen – das Ewig-Bleibende geboren wird.

Dein Reich komme.

Seit 2000 Jahren betet die Christenheit: “Dein Reich komme…“ Und: “Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ Die ersten Christen beteten noch dazu: “Es komme die Gnade und es vergehe diese Welt“ (Didache 10,6). Dieses Gebet geht wohl auf die Aussage des Apostels Paulus zurück: “Das Wesen dieser Welt vergeht“ (1Kor 7,31). Mit dem Ruf “Maranatha“ (1Kor 16,22) – d.h. “Unser Herr, komm!“ oder: “Unser Herr kommt!“ – wird diese Aussage unterstrichen.

Die ersten Jahrhunderte wartete die Christenheit auf die Erscheinung unseres erhöhten Herrn und auf das Kommen seines Reiches. Je länger je mehr mussten sich die Christen aber in dieser Welt einrichten lernen. Damit ging die Erwartung auf das Kommen des Reiches nicht zurück, aber es fand eine Verschiebung statt. War die “Kirche“ bereits das angebrochene Reich? Mussten die Christen die Zustände in der Welt nicht so verändern, dass das Reich Gottes, in dem “Gerechtigkeit und Friede und Freude im heiligen Geist wohnt“ (Röm 14,17) für alle Menschen sichtbar wurde?

Mit diesen Herausforderungen setzte sich die junge Christenheit auseinander. Es gelang ihr aber nicht, weder mit missionarischen, noch gar mit politischen Mitteln das “Reich Gottes“ zu schaffen. Bis heute stehen wir alle in der Spannung zwischen “der Welt“ und dem “angebrochenen Reich Gottes durch Jesus Christus“.

Leider haben viele Christen immer wieder versucht, der Welt und ihren Gesetzen und Wertmaßstäben entgegen zu kommen, um sie damit einzubeziehen. Denn es ist ja Gottes geliebte Welt, für die er seinen Sohn dahingab (vgl. Joh 3,16).

Zwischen Anpassung an die Welt, Verleugnung der Welt, Welt-Durchdringung in Politik, Kultur und Wissenschaft u.s.w. verlief die Entwicklung der Jahrhunderte. Von Jesus heißt es in den Evangelien, dass er “das Evangelium vom Reich Gottes“ verkündete. Seine Jünger sandte er aus, um diese gute Botschaft aller Kreatur bis an die Enden der Erde zu bringen. Wie viele Menschen wurden bis heute von dieser Sendung inspiriert!

Der Gläubige weiß, dass die ganze Zeit der Geschichte Adventszeit ist. In welchem Maße auch der Mensch seiner Aufgabe gerecht werden oder an ihr zu scheitern vermag: Das Kommen des Herrn ist für ihn gewiss. Gewiss ist für ihn auch, dass erst im Augenblick des Kommens Jesu das ganze Gewebe der Zeiten von übernatürlichem Lichte erleuchtet, durchleuchtet und in ihm überschaubar wird. Da wir unter der Gewissheit dieses Kommens stehen, wissen wir, was wir zu jeder Stunde tun sollen: Wir können nur in einem Sinne wirken, der, innerhalb der uns gesetzten Grenzen, die Vollendung der Geschichte durch die Erwartung des Herrn vorbereitet. Wir kennen die Zukunft nicht, aber das Ziel.

Nun ist es aber offenkundig, dass viele Menschen in allen Generationen auf die Dinge und Vorgänge der Welt sahen und nicht auf das Kommen des Reiches Gottes. Christen empfanden oft die Vorgänge in Politik, Wirtschaft und Kultur als Zersetzung. Deshalb waren die meisten Stimmen eher Warnrufe und Warnliteratur: Es wurden der Verfall der Werte, der falsche Subjektivismus und Individualismus, auch der Liberalismus und die Entseelung des einzelnen innerhalb der Massen dargelegt. Es gab zwar auch profetische Zeugen, die mutig das anbrechende und das bevorstehende Reich Gottes verkündeten. Doch insgesamt erhoben sich wenig Stimmen, die die Vorgänge durchleuchteten und eben auf das Ziel hinwiesen: Das Kommen des Reiches. Immer dann, wenn dieses Ziel klar erkannt und bezeugt wurde, versuchten die Menschen auch die Verhältnisse zu ändern, Liebesdienste auszuführen u.s.w.. Sie wollten dem Kommenden nicht mit leeren Händen entgegen gehen.

Einen anderen Grund kann niemand legen.

Es steht nirgends in der Heiligen Schrift, dass wir uns an den Maßstäben orientieren dürfen, die die Welt sich selber – oft aus recht einsichtigen und guten Gründen – gibt; sondern wir haben uns nach dem zu richten, was Jesus und seine Apostel bezeugten: Israel ist das Volk unter den Völkern. Es hat einen besonderen Auftrag. Die Kirche ist in das gesamte Volk Gottes eingegliedert; sie ist Botin des Reiches Gottes. Sie ist nicht schon das Reich Gottes selbst, vielmehr lebt sie in dem “Schon jetzt“ und “Noch nicht“. Diese Spannung gilt es auszuhalten. Darum ist es besonders schlimm, wenn die Kirche sich an den Maßstäben, also auch den Wertmaßstäben der Welt, orientieren möchte. Wenn in früheren Zeiten solche Maßstäbe von philosophischen Menschenbildern beeinflusst wurden, so sind es heute mehr die psychologischen Erklärungsmuster, auf die die Menschen zurückgreifen.

Doch für die, die in den Leib Christi eingegliedert sind, ist ein anderer Grund gelegt: Gott, der Schöpfer der Welt, der Gott Israels und der Vater Jesu Christi, ist der Herr; er wird das angefangene Werk in seinem Sohn vollenden. Darum bezeugen alle, die an das Evangelium vom Reich Gottes glauben, Jesus, der das Ebenbild des unsichtbaren Gottes ist. Der Heilige Geist prägt sie in sein Bild. Er kann sie auch bewahren vor selbsterwählten Wegen, vor falscher Beeinflussung durch die Mächte und Kräfte einer gottlosen Welt. Er kann ihnen auch Mut schenken, den rechten Gottesdienst auszuüben – d.h. Gott die Ehre zu geben, ihn zu preisen und alle Hoffnung und alles Vertrauen in ihn zu setzen. Der Heilige Geist gibt der Christenheit auch die Kraft zu umfassendem Nächstendienst, um die Gaben und Kräfte, die Gott in jeden einzelnen und in ganze Kulturen und Völker gelegt hat, in den Dienst seines Reiches zu stellen. Und er kann sie vor dem Irrglauben bewahren, dass doch alles von selbst zum Guten werden wird, wenn wir nur wollen und im Guten zusammenstehen. Die vielen Erfahrungen der Jahrhunderte zeigen uns deutlich, dass wir diesem Glauben nicht vertrauen können. Darum ist der Ruf so wichtig: “Komme bald, Herr Jesus, und richte dein Reich auf und mache uns bereit, mit dir darin zu leben und zu dienen!
Br. Johannes Junger

Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes.

Sobald wir diese Worte Jesu näher betrachten, scheint es uns, dass sie die aller-revolutionärste Behauptung seien, die menschliche Ohren je gehört haben. “Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes!

Wir ziehen unsere Schlüsse genau in der umgekehrten Weise – sogar diejenigen unter uns, die am geistlichsten gesinnt sind: ‘Aber ich muss doch leben; ich muss soundsoviel Geld verdienen; ich muss mich kleiden; ich muss essen.’ In unserem Leben ist nicht das Reich Gottes die Hauptangelegenheit, sondern die Sorge, wie wir uns einrichten sollen, um leben zu können.

Jesus dreht die Reihenfolge um: ‘Suche zuerst eine richtige Verbundenheit mit Gott, halte sie aufrecht als das Wichtigste in deinem Leben und lege das Hauptgewicht deiner Sorge nie auf die anderen Dinge!’

“Sorget nicht für euer Leben…!“

Der Herr weist von Seinem Standpunkt darauf hin, wie völlig unsinnig es ist, wegen der Beschaffung der Mittel zum Leben so ängstlich zu sein. Jesus sagt nicht, dass ein Mensch, der sich um nichts kümmert, gesegnet sei – ein solcher Mensch ist ein Narr. Jesus lehrte, dass ein Jünger seine Beziehung zu Gott zum Mittelpunkt seines Lebens machen müsse und dass er im Vergleich dazu allem anderen gegenüber eine besorgte Unbesorgtheit haben solle.

Jesus sagt: ‘Mache die Sorge darum, was du essen und trinken sollst, nicht zum herrschenden Faktor deines Lebens, sondern sei vollständig auf Gott konzentriert!’

Viele Menschen kümmern sich nicht darum, was sie essen und trinken werden, und müssen deshalb leiden; sie kümmern sich nicht darum, wie sie angezogen sind, und sehen aus, wie sie gar nicht auszusehen brauchten; sie kümmern sich nicht um ihre irdischen Angelegenheiten, und Gott macht sie dafür verantwortlich.

Jesus sagt, dass wir vor allem dafür sorgen sollen, dass wir unsere Beziehung zu Gott an erste Stelle setzen und alles andere erst an zweite Stelle.

Es gehört zu den strengsten Übungen unseres christlichen Lebens, uns vom Geist Gottes, was den Inhalt dieser Verse anbelangt, mit Jesus in Übereinstimmung bringen zu lassen.
Oswald Chambers, gestorben 1917

Das Reich Gottes zuerst!

Über sechzig Jahre ist es her: Da lernten wir Konfirmanden mitten im Hitlerreich und im Krieg die erste Frage des damaligen Konfirmandenbüchleins der württembergischen Landeskirche: “Was soll eines Menschen vornehmste Sorge sein in diesem Leben?“ – Antwort: “Dass er haben möge eine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens, wie Christus sagt: Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das Übrige alles zufallen!“

Gottes Reich zuerst! Dieser Ruf des Meisters begleitet und fordert mich seit jenen Tagen bis heute. Er meint zunächst mein Ich, mein persönliches Leben. Doch führte mich der Geist bald durch die Schrift, durch Zeugen Christi und seines Wortes und durch eigene Erfahrungen weit über den individuellen und “Kirchturms“-Horizont in größere Dimensionen des Reiches. Dass nur auf mich, meine Kirche und Konfession eingeengte Reichsstreben geriet mir unter das profetische Straf- und Mahnwort aus Haggai (1,2f): “Dies Volk spricht: Die Zeit ist noch nicht da, dass man des Herrn Haus baue…! Aber eure Zeit ist da, dass ihr in getäfelten Häusern wohnt; und dies Haus muss wüste stehen. Schaut zu, wie es euch geht…!

Trifft das nicht genau unser kirchlich-konfessionelles Leben neben- und mit- und gegeneinander? Das ganze Haus Gottes, das ganze Reich, göttlich gegliedert, aber ungehemmt von menschlich gemachten Schranken – dahin drängt der Geist!

So geriet ich unter dem Leitwort: Ich suche meine Brüder! auf eine froh- (manchmal auch traurig!-) machende Entdeckungsreise in die vielfältigen Bereiche des einen Reiches, stets Ihn, den König des Reiches, Jesus, den Meister der Jünger, bei seinen Jüngern und Dienern vorfindend, verborgen und doch gegenwärtig.

Da konnte ich mit [[Nikolaus Ludwig von Zinzendorf]] und seinen Brüdern freimütig bekennen:

Von_Zinzendorf
Auch denken wir in Wahrheit nicht, Gott sei bei uns alleine, wir sehen, wie so manches Licht auch andern Orten scheine. Da pflegen wir denn froh zu sein und uns nicht lang zu sperren: Wir dienen IHM und IHM allein, dem einen großen Herren.

 

Und mit Bruder [[Gerhard Tersteegen]] bete ich froh:

Gerhard Tersteegen

O wie lieb ich Herr, die Deinen, die Dich suchen, die Dich meinen! O wie köstlich sind sie mir! Du weißt, wie mich’s oft erquicket, wenn ich Seelen hab erblicket, die sich ganz ergeben Dir.
Ich umfasse, die Dir dienen! Ich verein’ge mich mit ihnen, und vor Deinem Angesicht wünsch ich Zion tausend Segen.
Stärke sie in Deinen Wegen, leite sie in Deinem Licht.
Ja, seid gesegnet ihr Reichsgenossen alle, die ihr jetzt noch mit Christus verborgen in Gott dem großen Reichstag entgegengeht, an dem wir offenbar werden mit Ihm in Herrlichkeit.
Dahin hat wohl auch Graf Zinzendorf gezielt mit dem schlichten Reim: Dann wird nichts als Jesus sein: Reformierte, Lutheraner, paulisch, kephisch, mein und dein, Bischof, Presbyterianer, alle Sekten geh’n hinein, und die Liebe bleibt allein!

Ja, Vater, Dein Reich komme!
Br. Walter Faulmüller

Über das Reich Christi

„… der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus… hat beschlossen, die Fülle der Zeiten heraufzuführen, in Christus alles zu vereinen, alles, was im Himmel und auf Erden ist“ (Eph 1,10).

Hier können wir zugleich einen Begriff vom Königreich Jesu bekommen. Alles, was im Himmel und auf Erden ist, gehört dazu, nämlich alle Geschöpfe, alle Engel und Menschen: es soll alles zusammen, was Gott erschaffen hat, ein einziges zusammenhängendes System, ein einziges Haus, eine einzige Person ausmachen, von denen Jesus von Nazareth, der Marien Sohn, das Haupt sei. Alles, was sich von ihm, als er noch vor der Schöpfung das Haupt aller Dinge war, abgerissen hatte und in eigener Macht herrschen wollte, soll wieder durch ihn mit dem Ganzen verbunden werden. Großes Königreich! Großer König! Große Herrlichkeit derer, die Miterben Jesu heißen!

Was können wir nun daraus lernen?

Philipp Matthäus Hahn, verst. 1790

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  1. Gott führt seinen Vorsatz aus im Ganzen; er wird ihn auch an mir ausführen.
  2. Gott hat uns Lehrer gegeben, die das verborgene Geheimnis des Willens Gottes verstehen; mithin ist es Gottes Wille, dass ich dieses Geheimnis auch lernen solle. Das gefällt Gott am besten, wenn man eine Begierde hat, sein Geheimnis zu lernen, denn wer es recht lernt, der wird gewiss Jesus untertänig.
  3. Ich soll nicht nur für mich zu meiner eigenen Errettung einen Lichtschatz in meinem Herzen sammeln, sondern ich soll suchen, einen Überfluss der Erleuchtung in mein Herz zu bekommen, damit ich ein Werkzeug sein könne zur Austeilung dieses Geheimnisses unter alle Menschen, damit Christi Reich auch durch mich befördert werde.

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Wann kommst Du,
Herr, mit Deiner Macht, die Feinde zu verjagen?
Zünd’ an die Fackel in der Nacht und lass es endlich tagen!
Mit starker Hand schlag an das Tor des Kerkers dieser Erde!
Tritt selbst als Führer dann hervor als Hirte Deiner Herde!
Der Menschheit Amme ist die Not des Leibes und der Seele,
Ihr letztes Lebensziel der Tod. Er würget aller Kehle.
Wir sterben all am grimmen Krieg. Es will kein Ende werden.
Herr, zieh das Schwert!

Führ Du zum Sieg den Frieden auf der Erden!
Zerschlag des Unrechts Allgewalt, des Hasses und der Fehde!
Gebeut dem bösen Feinde Halt und aller Lügenrede!
Dein Reich! Das ist das allermeist! Herr, schaff es uns hienieden!
Die Freiheit ist nur, wo Dein Geist! Nur Liebe zeugt den Frieden!
Max Josef Metzger, verst. 1944

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