Das ist keine kleine unscheinbare Geste. Nur was genommen wird, so wie es ist, kann gewandelt werden. Das setzt eine tiefe Bereitschaft voraus: Ich akzeptiere das Leben, wie es ist. Ich nehme die Wirklichkeit an, wie sie ist – meine eigene Wirklichkeit, die Wirklichkeit meiner Mitmenschen, die Umstände, die ich vorfinde. Ich muss mich damit nicht zufrieden geben. Aber zuerst nehme ich alles an, was ist und wie es ist.

Das Nehmen ist keineswegs nur passiv. Annehmen und Hinnehmen sind verschiedene Dinge. Das Leben von Gott – alles, was von ihm kommt: der Glaube, die Liebe, Hoffnung, Treue, die Gaben und Früchte des Heiligen Geistes … – sie kommen nicht einfach über mich. Mein Beitrag ist, dass ich nehme. Es beginnt mit meiner Sehnsucht, mit meiner Bereitschaft. Jesus fragt manche Kranke, die zu ihm kommen: „Was willst du, das ich dir tun soll?” Ohne den Willen geht es nicht.

Oft steht am Anfang das Annehmen meiner selbst. Gott mutet mir zu, mich selbst anzunehmen. So bin ich. So bin ich geworden, nach drei, vier, fünf Jahrzehnten. Das betrifft z.B. meine äußere Erscheinung. Manche hadern mit ihrer Herkunft, mit ihrer Familie, aus der sie stammen. Sie sträuben sich gegen Wesenszüge und Eigenschaften, die sie von Vater und Mutter vererbt bekamen. Wir sind auch Opfer unserer Erziehung, vielleicht verletzt durch Beziehungen innerhalb unserer Familie. Das gilt auch für die geistliche Familie, die geistliche Herkunft und Prägung.

Aber all das gehört zu mir. Ich brauche es nicht zu beschönigen oder zu verstecken und auch nicht wehleidig darüber zu werden. So ist es, und ich nehme es und nehme mich an.

Wir könnten die Liste noch verlängern: Es gibt vielleicht auch in meiner Arbeit Bereiche, die mir gegen den Strich gehen; Menschen, mit denen ich zusammengespannt bin.

Annehmen ist das Gegenteil von Bedingungen stellen. „Ich nehme dich erst an, wenn du dich geändert hast, wenn du die und jene Gewohnheit, Unart … ablegst!” Annehmen kann nur, wer seine Ideale von sich selbst, von einem Partner, Ideale vom gemeinsamen Leben, von christlicher Gemeinschaft, von kirchlichem Leben … ablegt und loslässt. Ideale können zu Diktatoren werden. Dann hemmen und bedrücken sie.

Es ist natürlich auch erlaubt, sich zu freuen und zu sagen: Der Stall und die geistliche Kinderstube, aus der ich komme, ist super und genau das, was ich brauche.

Aber wir sollen nicht in der Kinderstube unser Leben verbringen, sondern weiterwachsen.