[divider]

Die Vereinigung mit Christus löst ungeahnte Folgen aus, so auch die Freude der Heiligen. Nun fragt sich der Beter, was das mit den Heiligen auf sich hat. Das Neue Testament bringt an vielen Stellen den Begriff der Heiligen und bezeichnet ohne Frage jene Menschen, die ihr Leben von Gott bestimmen lassen, sich als gottgehörig wissen. Es sind also nicht Leistung, Berühmtheit oder moralische Sauberkeit Voraussetzung; eher könnte man sie als Folge der Gottbezogenheit bezeichnen. Die Bibel – auch schon das Alte Testament – benennt Gott als Inbegriff des Heiligen. ER ist der Heilige schlechthin. Insofern kann der menschliche Heilige nur Sein Widerschein sein.

Mir gefällt beim Begriff des Heiligen besonders ein mir wichtiger Zusammenhang mit dem Wort „ganz“. Die deutsche Sprache bezeichnet mit „heil“ nicht nur gesund, sondern „ganz“. Im englischen Wort „whole“ (wir begegnen ihm beim „holy“ = heilig) ist vorrangig das „Ganze“ gemeint. Also ist der Heilige der Ganze. Und ganz kann sich der Mensch ohne Gott, dem absolut Ganzen, keineswegs aufstellen. Paulus sieht die Gläubigen als Gottes Hausgenossen (Eph 2,19) und Bürger mit den Heiligen. Petrus spricht sogar, dass es darum geht, der göttlichen Natur teilhaftig zu werden (2Petr 1,4). In den Anmerkungen (31) versuche ich die Wirklichkeit der Heiligen anzusehen. Dabei wird es um unseren Lebensbezug zu ihnen gehen.

Anmerkung

[yellow_box]

31

Die Kirchengeschichte kennt eine Vielfalt von Heiligenverehrung, speziell im römischen und ostkirchlichen Kirchenwesen. Es ist dabei wichtig, die Quellen dafür einzubeziehen. Unbestritten sind das die biblischen Hinweise im Alten und Neuen Testament. Bereits in der Zeit der ersten Apostel sind nicht nur die Briefempfänger, sondern spezielle Menschen als Heilige benannt worden. Als Beispiel dienen zwei Stellen, nämlich Mt 27,52 und Apg 9,13: Als bei der Hinrichtung Jesu in seiner Todesstunde die Sonne sich verfinsterte, standen auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen. Und als Saulus zum Paulus geworden ist und sich auf den Weg zu Ananias machte, passierte die Botschaft des Herrn an Ananias, wobei dieser in seiner Antwort erwähnte: Ich habe von vielen gehört von diesem Mann, wie viel Übles er deinen Heiligen in Jerusalem getan hat.

Es erscheint wie selbstverständlich, zumal Apostel und Evangelisten im Bereich der ersten Gemeinden hohes Ansehen genossen, dass sie auch nach ihrem Tod verehrt und ihnen im Glauben ihrer weiter bestehenden Gottbezogenheit eine wichtige Rolle zugeteilt bekamen.

Interessant ist allerdings, dass im römischen Katholizismus die erste Heiligsprechung erst Ende des 9. Jahrhunderts stattfand. Es war der Augsburger Bischof Ulrich. Ich als Mensch des gemeinsamen Lebens bedaure dabei das Kriterium der Wundertätigkeit als Voraussetzung amtlicher Heilig-sprechung. Bei Ulrich war das die kreuztragende Beteiligung bei der Schlacht gegen die Hunnen mit daraufhin erfolgendem Sieg. Die Wirklichkeit ganzheitlicher Existenz, ganzheitlichen Denkens wären echte Kriterien. Statt dem werden die meisten „Heiligen“ als Spezialisten installiert, einer für die Handwerker, einer für Verlorenes, einer für die und jene Krankheit usw. Damit will ich diese Praxis nicht kleinreden. Das hat übrigens auch Luther nicht getan. Im Artikel 21 des Augsburger Bekenntnisses steht:

Vom Heiligendienst wird von den Unseren so gelehrt, dass man der Heiligen gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren ist; außerdem soll man sich an ihren guten Werken ein Beispiel nehmen, ein jeder in seinem Beruf.

Paulus bezeugt in seinen Briefen vielfach seine Freude über Menschen, die als treue Nachfolger Jesu sich bewährten. Eine spezielle Aussage dazu findet man in 2Kor 7,4: Ich rühme viel von Euch … ich bin überschwänglich in Freuden.

[/yellow_box]