Johannes Paul II
„Gottes Ratschlüsse sind oft unergründlich: Erst im Jenseits wird es uns gegeben sein, wirklich ‚zu sehen‘ und zu verstehen. Doch vielleicht ist es ja möglich, jetzt schon den Schimmer einer Antwort auf die jahrhundertealte Frage so vieler Gläubigen zu erhaschen: Warum hat der Heilige Geist nur all die vielen Teilungen und Feindschaften zwischen denen zugelassen, die ein und demselben Evangelium folgen und Jünger ein und desselben Christus, sind?
Ja, wir können uns tatsächlich fragen: Warum hat der Heilige Geist alle diese Teilungen zugelassen? Ihre Ursachen und ihr geschichtlicher Verlauf sind allgemein bekannt. Man kann sich allerdings zu Recht fragen, ob es nicht auch eine ‚metageschichtliche‘ Ursache gibt.
Auf diese Frage können wir zwei Antworten finden. Eine eher negative Antwort sieht in dem Auseinanderbrechen der christlichen Einheit die bittere Frucht der Sünden der Christen. Eine andere, positivere, vertraut auf Ihn, der das Gute sogar dem Bösen, den menschlichen Schwächen abzugewinnen vermag. Könnte es nicht auch so sein, daß diese Auseinanderentwicklungen ein Weg waren und sind, um die Kirche die vielfältigen Reichtümer entdecken zu lassen, die im Evangelium Christi und in der von Christus bewirkten Erlösung enthalten sind? Vielleicht hätten diese Reichtümer anders nicht ans Licht gelangen können…“

[[Papst Johannes Paul II]] aus „Die Grenzen der Hoffnung überschreiten”, Seite 179 f.