„Besonders komme dein Blut, o Herr, in unser Verhältnis zu Dir und zu uns untereinander.“

W.S.

gebet9

Wie umfassend ist die Kraft des Blutes Jesu wirksam! Wir hatten das im vorherigen Quatemberboten aufgenommen und dankbar meditiert. Aber nun heißt es: Besonders! Warum?

Es geht jetzt um das Innerste. Es geht um das wichtigste Verhältnis, nämlich um die Vereinigung mit Gott im Sinn einer Liebesbeziehung. Immer zuerst mit IHM. Schließlich in gleicher Weise untereinander. Diese Art des Einsseins ist nur möglich, wenn die Schuld getilgt ist. Einzig und allein das Blut Jesu bewirkt Vergebung der Sünde, jenes Blutopfer auf Golgatha. Nur kraft dieses Blutes dürfen wir frei sein in Gott und aus dieser Liebesbeziehung leben und dienen, auch untereinander.
Wie könnten wir gemeinsames Leben in der Praxis, im Alltag mit den Mitmenschen durchhalten, ohne dieses Verhältnis zum Dreieinigen Gott, das die Liebe in unser tägliches Leben überträgt? Darum heißt es hier: Besonders. Weil dies ohne das Geschenk der Erlösung und der Reinigung durch sein Blut unmöglich ist, müssen wir glauben und bitten: Besonderskomme dein Blut in unser Verhältnis zu Dir und zu uns untereinander.

„Habe ich das nötig?“

Dorothea Vosgerau

Nichts ist so selbstverständlich wie die Tatsache, dass ich alles, was mir begegnet, nach meinem persönlichen Eindruck beurteile. Da macht auch meine Frömmigkeit keine Ausnahme. Wenn alles in Ordnung ist und so läuft, wie ich mir das wünsche, bin ich davon überzeugt, ein gutes Verhältnis zu Gott und zu meinen Mitmenschen zu haben. Ich fühle mich sicher und wohl.
Was für ein Betrug das ist, zeigt die kleinste seelische Störung. Es muss mir nur etwas Unangenehmes zustoßen oder jemand unfreundliche und kritische Blicke auf mich richten, schon bin ich total verunsichert. Hilft mir Gott auf mein Gebet hin nicht gleich aus der misslichen Situation, bin ich mir seines guten Verhältnisses zu mir keineswegs mehr so sicher. Und die Unfreundlichkeit und Kritik meines Gegenübers zeigen sein schlechtes Verhältnis zu mir ganz offensichtlich. Das verändert auch mich. Ich ziehe mich zumindest aus der guten Beziehung zurück in den Wartestand, wenn nicht gar in die Ablehnung.
Das macht deutlich, warum das Blut Jesu besonders in mein Verhältnis zu Jesus und zu meinem Nächsten kommen muss. Mein Verhältnis ist eben keineswegs gut, wenn ich mich gut fühle. Es scheint nur gut. Von Jesus her ist alles getan, damit sein Verhältnis zu mir eindeutig durch Leiden und Sterben hindurch als reine Liebe und Treue erkennbar wird. Aber meine Seele, mein Gefühl, mein Herz, mein Verstand glauben, sich darauf nicht verlassen zu können. Sie sind durch und durch von dem Misstrauen zersetzt, dass sich letztlich niemand wirklich um mich kümmert. Ich muss das durch Schutzmaßnahmen oder Aggressionen selber tun.
Jeden Tag neu habe ich es deshalb nötig zu beten: „Besonders komme dein Blut, o Herr, in unser Verhältnis zu dir und zu uns untereinander.“ Nur durch das Freigemacht-Werden von meiner natürlichen Reaktion bekomme ich immer wieder den klaren Blick für Jesu unwandelbares Liebesverhältnis zu mir und zu allen Menschen um mich herum. Ich kann mich dann bewusst von meinen angstvollen Selbstschutzmaßnahmen abwenden und mich ihm vertrauensvoll zuwenden. Er schenkt mir eine Freiheit von mir selber, die mich im wahrsten Sinne des Wortes über mich hinaus wachsen lässt.
Und dieses Gelöst- und Befreit-Werden kann ich, wenn ich darin geübt bin, nicht nur für mich glauben und festhalten, sondern auch für meinen Nächsten. Ich zumindest werde befreit, für ihn zu glauben, dass Jesus ihn genauso liebt wie mich. Ich brauche nicht mehr auf seine Unfreundlichkeiten und Aggressionen zu reagieren. Ich kann ihn mit den liebenden Augen Jesu sehen lernen und entsprechend reagieren.
Wenn wir das Leben des von Gott so geliebten Sohnes Jesus ansehen, erkennen wir, dass unsere Trennung von Gott ihm all das Leiden und Sterben verursacht haben, vor dem unserer Seele so graut. Von Jesus selbst wissen wir aber, dass wir ihm nachfolgen sollen – auch im Leiden. In unser Verhältnis zu unserm natürlichen, angstvollen Mitleid mit uns selbst und mit unsern Freunden gehört daher auch das Blut Jesu und seine radikale Lösung. Falsches Mitleid bringt uns nur weiter weg von der eigentlichen Hilfe: dem unbedingten Vertrauen auf Jesu Liebe. Nur die Lösung durch das Blut Jesu kann uns zu dem klaren Durchblick und dem klaren Verhalten befähigen, das von Gott her die Realitäten ernst nimmt, die in die Ewigkeit hinein reichen.