Dein Blut komme über uns und unsere Kinder gnädiglich

In der Fortsetzung unserer Erklärungen zum Einheitsgebet kommt diesmal die Stimme von Luitpold Schatz zur Sprache. Es ist ein gekürzter Auszug aus seiner Schrift „Einheitsgebet – Betrachtungen zu einem umfassenden Beten“.
Im Zusammenhang mit der Kreuzestheologie ist die Aussage über den blutigen Tod Jesu heutzutage umstritten. Kann man eine solche Aussage uns heute noch zumuten? Dass damit auch eine Erwartungshaltung auf die Zukunft verbunden ist, wird in den folgenden Zeilen deutlich.

Da aber Pilatus sah, dass er nichts schaffte, sondern dass ein viel größer Getümmel ward, nahm er Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: „Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten; sehet ihr zu!“ Da antwortete das ganze Volk und sprach: „Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!“ (Mt 27)

Etwas erstaunlich, die wörtliche Formulierung der tobenden Menge um Pilatus hier in diesem Gebet vorzufinden! Um wirklich herauszufinden, welche letzte Bedeutung in solchem Wunsch verborgen ist, bedarf es einer innersten Feinfühligkeit.

Dein Blut …

Nimmt es wunder, wenn seit Urzeiten dem Blut die Eigenschaft als Träger des Lebens zugeschrieben wurde? Auch das biblische Zeugnis weist diese Spur auf. Mose belehrt sein Volk gemäß 3Mo17,11: „Des Leibes Leben ist im Blut.“ Selbst Jesus, als er auf das Messiaszeugnis des Petrus reagiert, unterscheidet zwischen Körper und Blut: „Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel“ (Mt 16,17).

Ausgehend vom alttestamentlichen Verständnis, zieht sich auch durch das neue Testament eine zentrale Bedeutung des Blutes. Und in besonderer Weise fällt sie im Zusammenhang mit der Lebenshingabe Jesu auf.

Wie auch die konfessionellen Abendmahlsauffassungen differieren mögen: immer geht es um jenes Mysterium, bei dem der erhöhte Christus durch den Heiligen Geist inwendig Teil von uns Gläubigen wird. Mit ihm ziehen seine Vergebung, seine Versöhnung, seine Kraft, eben sein ganzes Leben in sie ein. Hier trifft sich wieder der vorchristliche Glaube vom Blut als dem Träger des Lebens. Das biblische Zeugnis ist überreich, wenn es um solche „Einigung“ des Christus mit dem Menschen geht.

… komme über uns

Nach der Besinnung über das Blut Jesu muss Klarheit über den Inhalt der Bitte geschaffen werden, dass dies Blut über uns kommen möge. Noch einmal sei an die Rechtfertigung des Volks bei der Verurteilung Jesu erinnert, denn dessen Ausruf ist exakt in das Einheitsgebet übernommen worden.

In frühester Zeit des alttestamentlichen Gottesvolkes begegnet man immer wieder der seltsamen Einbeziehung des Blutes bei Nichteinhaltung einer Abmachung.

So vollzog sich eine wahre Verurteilung Jesu am Kreuz; das Gericht Gottes fand statt, „denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“ (2Kor 5,21).

Unser Gebet „Dein Blut komme über uns“ stellt eine große Hoffnung dar. Wir bekunden unsere Erwartungshaltung auf die Zukunft. 

Damit stellt sich insgeheim unser Leben auf den einst wiederkommenden Herrn ein. So wird jede kleine Zukunft vom Puls des Blutes Jesu belebt, das Ewigkeitsgültigkeit hat.

… und unsere Kinder

Um dies Gebet recht umsetzen zu können, möchte ich auf die grenzenlose Ausdehnungsmöglichkeit menschlichen Denkens, Glaubens und Verantwortens hinweisen. Die Verantwortlichkeit des Beters umschließt nicht nur die Gegenwart mit den heutigen Verhältnissen, sondern greift weit in die Vergangenheit und Zukunft. Speziell sind die Kinder unter die Segenskraft des Opfers Christi zu stellen. Hier sind die eigenen Kinder ohne Frage hineinzudenken. Und dann die vielen in unserem Umfeld. Da werden die abgetriebenen unausgesprochen mit gemeint.

Auch die Weltlage mit den unübersehbaren Schlaglöchern der Politik, in die junge Menschen hineinleben. Sie müssen die Zukunft verantworten so wie wir das Heute.

… gnädiglich

Noch einmal werden wir an die Wesensveränderung durch Jesu Blut erinnert, nämlich vom Gericht zur Gnade. Frühere Herrscher bezeichneten sich gern als „von Gottes Gnaden“. Damit drückten sie die göttliche Privilegierung aus (jemand mit einem Recht ausstatten). 

Ich bin sehr froh über solche Prägungen, weil die Schöpfung „Mensch“ tatsächlich und nach Gottes Willen als sein Abbild unter einem Gottesauftrag steht.

 Diesen Auftrag kann er aber nur erfüllen, wenn Jesu Blut (der ganze Christus) über ihn kommt und ihn erfüllt. Vollmächtiges Handeln ist ohne Gnade Gottes undenkbar.


Autor

Luitpold Schatz
Luitpold Schatz (1925-2014)

Vereinigung vom gemeinsamen Leben

  • Vereinigung vom gemeinsamen Leben im Ökumenischen Christusdienst

    Die Vereinigung vom gemeinsamen Leben im Ökumenischen Christusdienst ….

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Luitpold Schatz


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