Dass die Kraft von Vertrauen, Hoffnung und Liebe das innere Gefüge und die daraus resultierende Wirkung nach außen über Jahrzehnte segensreich gestaltet, wird im Zeugnis der Kommunität Imshausen deutlich. Auch da scheint der Schatz durch irdene Gefäße hindurch. Es zeigt den ganzheitlichen Zusammenhang von innen und außen auf.
„Jetzt aber leben wir mit Vertrauen, Hoffnung, Liebe, diesen drei Geschenken. Und die größte Kraft von diesen dreien ist die Liebe.“
So übersetzt die Theologin Luise Schottroff (1934 – 2015) den letzten Vers von 1Kor 13.
Es geht also um Geschenke, mit und aus denen wir leben – nicht um Tugenden, die wir uns mühsam erarbeiten müssen. Wie lebt eine kleine Gemeinschaft von drei Schwestern und fünf Brüdern, von denen fünf über 80 Jahre alt sind, heute aus diesen Geschenken? Prägen sie den gemeinsamen Alltag? Fast stündlich merken wir: Sie sind kein fester Besitz. In den Jahrzehnten, die wir miteinander unterwegs sind, haben wir erlebt, dass diese kostbaren Gaben sich zeitweilig wie verflüchtigten. Und wir staunen: Auf geheimnisvolle Weise wurden sie wieder und wieder erneuert, durch viele Krisen hindurch, und konnten – sozusagen trotz uns – anderen Menschen hilfreich sein.
Wichtig aber war und ist die persönliche Bereitschaft, sich täglich neu auf das „Heute Gottes“ (Frère Roger) einzulassen, das meist überraschend über uns kommt! Das bedeutet z. B., in komplizierten Situationen des Miteinanders offen und empfangsbereit für die Gaben des Vertrauens, der Liebe, der Hoffnung zu bleiben oder zu werden; ein lebenslanger Lernprozess. Nicht umsonst schließt Paulus seinen zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth, die ihm so viel Mühe macht, mit dem Segenswort: „Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch.“ Es geht – anders ausgedrückt – um
das Vertrauen, das Jesus in uns setzt (die Gnade unseres Herrn Jesu Christi),
die Liebe des Vaters als unseren Ursprung (die Liebe Gottes)
und die Hoffnung, in der Gemeinschaft, die der Heilige Geist schafft, zu wachsen und verwandelt zu werden (die Gemeinschaft des Heiligen Geistes).
Ist diese Trias nicht die gleiche wie in 1Kor 13,13? Das ist die unverzichtbare Basis jedes gemeinsamen Lebens – ob in der Gemeinschaft einer Kommunität oder in Ehe und Familie. So haben auch wir es in unserer Geschichte bis heute erlebt.
Seit den Anfängen in der Zeit des Nationalsozialismus haben das Gebet, besonders die Fürbitte, der Abendmahlsgottesdienst und die großzügige Gastfreundschaft der kleinen Hausgemeinde Untermühle bei Bebra Kinder und Erwachsene aus verschiedenen kirchlichen Traditionen angezogen. Dort empfingen sie Zuspruch und Orientierung. Im Laufe der Jahre änderten sich die Lebensorte und die Tätigkeiten. Sie wurden nicht bewusst gesucht, sie stellten sich ein.
Aus der Hausgemeinde um Vera von Trott und Bruder Hans Eisenberg erwuchs 1955 die Kommunität Imshausen. Über 23 Jahre lang lebte sie inmitten eines quirligen Kinderhauses für heimatlose Kinder und Jugendliche. Gerne kehrten dort auch ökumenische Gäste aus dem In- und Ausland ein. Um jungen Menschen einen größeren Lebensraum und ein Lern- und Arbeitsfeld zu ermöglichen, übernahm die Gemeinschaft einen landwirtschaftlichen Betrieb oberhalb des Dorfes Imshausen. Dort lebte und lebt sie bis heute im „Schatten“ des Gedenkkreuzes für Adam von Trott und die Frauen und Männer, die ihr Leben im Widerstand gegen Hitler einsetzten. Dieses Kreuz erinnert ebenso an die Menschen, die heute in vielen Ländern unserer Erde wegen ihres Engagements für andere Menschen verfolgt werden. Es fragt uns: Worin besteht unser Einsatz für das Leben auf unserem Planeten? Ist es der behutsame Umgang mit der uns anvertrauten Natur? Ist es die Bereitschaft, gelegentlich einem Flüchtling Asyl zu gewähren? Ist es das beständig Bleiben in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet (Apg 2,42)? Gehört nicht alles zusammen?
Sr. Angelika, Kommunität Imshausen