„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh 14,6)
Wir Menschen können nur dann als Brüder und Schwestern einträchtig beieinander wohnen, wenn wir zum Vater kommen. Zum Vater kann man aber nur auf dem einen rechten Weg kommen, den er vom Himmel aus zu uns gebahnt hat. Dieser Weg ist der Heiland, ist Jesus Christus selbst. Und es ist ein freudiges Ereignis im Himmel, wenn da unten auf der Erde wieder einer sich von ihm ins Herz hinein hat sagen lassen, dass er, Jesus selbst, der Weg und die Wahrheit und das Leben ist. Denn da entsteht ein heller Schein, der uns aus allen unseren Lebens- und Glaubensnöten retten kann.
Wir müssen uns aber von Christus gründlich ins Herz einprägen lassen, dass uns die Wahrheit nicht bloß im rechten Wissen, sondern zugleich in seiner Person gegeben ist. Die Wahrheit ist der Weg vom Vater zum Vater, und sie ist das Leben im Vater und mit dem Vater. Dann verstehen wir plötzlich, dass das Leben die Wahrheit ist, und auch, dass das Leben der Weg ist. Und wiederum sagt uns der Herr, dass in seiner Person und durch den Glauben an ihn der Weg schon vom ersten Schritt an Erfüllung und Heimat ist, ohne deswegen aufzuhören, Weg zu sein. Die Wahrheit und das Leben sind unzertrennlich mit dem Weg verbunden und eins vom Anfang bis zum Ende.
Man möchte vor Freude laut jubeln über diese Heilsbotschaft, die vom Vater kommt und zum Vater führt durch den Sohn. Da entsteht Versöhnung mit Gott und Bruderschaft unter den Menschen – nicht irgendeine Bruderschaft neben anderen, sondern die eine Bruderschaft Jesu Christi, auf deren Offenbarung die ganze Schöpfung so sehnlich hofft und wartet (vgl. Röm 8,19).
Wenn diese Worte in unserem Herzen bleiben, sind wir echte Jesusjünger und werden die Wahrheit immer mehr erkennen – und die Wahrheit wird uns freimachen. Solche Leute finden weder Lust noch Zeit noch irgendeinen Sinn mehr im philosophischen und theologischen Diskutierenüberdie Wahrheit, überden Weg und über das Leben, auch nicht über Recht und Unrecht bei den einzelnen Konfessionen der Christenheit.
Durch den Herzensglauben an Jesus Christus erblickt man plötzlich alle einbezogen in den einen Weg, in die eine Wahrheit, in das eine Leben. Man lernt zu erkennen, dass dieser eine Weg durch alle Konfessionen geht und dass sie ruhig so sein dürfen, so sein können, ja so sein müssen, wie sie sind, und dass sie nicht durcheinander vermengt werden sollen. Und man weiß zugleich, dass sie alle in Jesus Christus unvermischt ineinander eins sind und dass es möglich ist, jetzt schon allen Ernstes und ohne Oberflächlichkeit von ganzem Herzen ein „Ja“ zueinander und wirkliche Freude aneinander zu haben.
Es ist ein Ja und eine Freude am gegenseitigen Dasein und Sosein, an dem einen Weg, der einen Wahrheit und dem einen Leben in ihrem Herrn Jesus Christus, der die verborgene Ursache ihrer Wege, ihrer Wahrheit und ihres Lebens ist – ausgenommen die Sünde.
Mit den Engeln Gottes im Himmel lernen wir dann zu staunen und zu anbeten, dass Jesus Christus nicht nur als das Haupt seines Leibes und der ganzen Schöpfung in der Gestalt des sündigen Menschenfleisches zu uns kam, sondern dass er auch in seinem Leib, in der Kirche, denselben Weg geht. So will es der Vater.
Weil er den Verstand der Verständigen verworfen und nur dem kindlichen Herzensglauben sein Heil offenbart hat, ist der Weg Jesu Christi durch die Kirche für viele ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses. Leider gibt es auch heute noch Schriftgelehrte und Pharisäer in allen Konfessionen, Gemeinschaften und Kreisen, die den Heiland nicht mögen, so wie er wirklich ist, weil sie sich selber zu liebhaben, so wie sie sind. Ehe wir aber dabei an andere denken, wollen wir gut bei uns selbst nachsehen und prüfen, wie es in unseren eigenen Herzen steht und was daraus entsteht.
Fussnoten