Mit dem Wort „Hoffnung“ kann man Verschiedenes verbinden. Ist sie z. B. etwas Vages im Sinne von „nichts Genaues weiß man nicht“? In dieser biblischen Besinnung zeigt uns Pfr. Johannes Uhlig auf, dass es darauf ankommt, worin sie verankert ist, worauf sie sich bezieht. Wie gut, dass sie ihren Ursprung in der Liebe Gottes hat!
„Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ Mit diesem Satz wurde sicher schon so manchen Menschen in auswegloser Situation Mut zugesprochen. Aber es sind keine Worte im Sinne des Ökumenischen Christusdienstes. Denn sie rechnen nicht mit dem lebendigen, dreieinigen Gott. Gott lebt, und darum kann die Hoffnung nie sterben. Christliche Hoffnung ist zutiefst in Gott selbst begründet. Sie prägt daher das Leben eines Christen.
Im biblischen Zusammenhang bedeutet Hoffnung immer eine unumstößliche Gewissheit. Diese vermittelt uns der Heilige Geist. Dass man biblisch bei Hoffnung von Gewissheit sprechen kann, liegt darin, dass die Hoffnung ihren Ursprung in der Liebe Gottes hat.
Paulus stellt diese Zusammenhänge in Röm 5 dar. Ich will hier nur die Verse 1 bis 5 zitieren; es lohnt aber, den Abschnitt bis Vers 11 zu lesen. „Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus. Durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit, die Gott geben wird. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“
Paulus schreibt in Vers 4: „Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden.“ Und er begründet das: „Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen.“ Weil Gott uns liebt, haben wir Hoffnung. Weil er sein Erbarmen, seine Sehnsucht – eben seine Liebe – in uns ausgegossen, unser Herz damit erfüllt hat, d. h. wir voll sind von seinem Leben, darum haben wir Hoffnung. In Röm 8 fragt Paulus: „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes?“ Nichts kann uns davon scheiden, ist seine Antwort.
Im Nachdenken über diese Zusammenhänge sind mir einige Linien aufgefallen. Ich möchte sie im Folgenden etwas skizzieren:
Zur Hoffnung gehört immer ein Hoffnungsgut. Im Gebrauch der Bibel ist Hoffnung generell positiv zu verstehen. Im Alten Testament sehen wir die Hoffnung auf den Messias, auch die Hoffnung auf die Auferstehung von den Toten. Diese begegnet uns immer wieder bei den Streitfragen zwischen den Pharisäern und den Sadduzäern. Jesus und Paulus setzen sich mit ihnen darüber auseinander. Im Neuen Testament geht Hoffnung aber dann weit darüber hinaus bzw. wird konkretisiert. Das Hoffnungsgut ist nun die Vollendung in Gott: Dass Gott sei alles in allem – darauf zielt alles Hoffen (1Kor 15,28). Diese Vollendung hat ihren Grund im Sieg über den Tod durch die Auferstehung Jesu und wird auch durch Jesus, den Messias, vollzogen.
Dass es einmal so sein wird, dafür sorgt Jesus Christus. Er ist die bessere Hoffnung. So formuliert es der Autor des Hebräerbriefs (Hebr 7,19): „Denn das Gesetz brachte nichts zur Vollendung; eingeführt wird eine bessere Hoffnung, durch die wir Gott nahen.“ Hier wird der Bogen zur Vollendung gespannt. In Röm 5,2 schreibt Paulus von der „Hoffnung auf die Herrlichkeit, die Gott geben wird“. Vollendung ist Herrlichkeit. Christus vollendet das Heil. Darum ist er der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende (genauer: das Ziel). Er ist Alpha und Omega.
Zur Hoffnung gehören also die Vollendung und die Herrlichkeit. In der Vollendung des geschöpflichen Lebens offenbart sich die Herrlichkeit Gottes. Zugleich ist es die königliche Berufung und Bestimmung des Menschen. Mit seiner Verherrlichung wird der Mensch wiedereingesetzt als Herrscher über die Schöpfung im Sinne eines guten Hirten und Gärtners – entsprechend der Liebe Gottes.
Damit reicht die Hoffnung weit über das Seelenheil des Einzelnen hinaus. Es geht nicht bloß um die Hoffnung, einmal in den Himmel zu kommen. Hoffnung so verstanden, ist ausgesprochen dürftige Hoffnung. Biblische Hoffnung hat die alle und alles umfassende Vollendung der Schöpfung, der Geschichte, der Liebe und Sehnsucht Gottes zu seinen Menschen im Blick. Darauf leben wir zu. Die Gemeinde Jesu ist als Leib des Christus mit dem Haupt zusammen als Erstling oder Prototyp durch die Geschichte hindurch Anbruch und Garant dieses Weges.
Darum gehören zur Hoffnung das Sehnen und das Harren – auch das Ausharren. Hier ist ein Blick in Röm 8 hilfreich. Paulus schreibt ab Vers 18: „Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja der Vergänglichkeit unterworfen – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes.“ Hier zeigt sich, wie wichtig die Kinder Gottes, die Gemeinde Jesu, für die Schöpfung sind. Unsere Verherrlichung, unsere Vollendung bringt auch die Schöpfung an ihr Ziel. Darauf harrt die Schöpfung. Sie sehnt sich nach der Erfüllung ihrer Hoffnung.
Wenn man alle diese Linien betrachtet, dann wird das universelle Geschehen der Hoffnung deutlich.
Biblische Hoffnung ist keine Privatangelegenheit, sondern sie zielt auf die Vollendung der Geschichte Gottes mit seiner Welt.
Damit das Reich Gottes zu seiner ganzen Entfaltung kommt, beten wir ja auch „Dein Reich komme“. Denn: „Also hat Gott die Welt (den Kosmos) geliebt“ (Joh 3,16). Hoffnung nimmt uns daher mit hinein in Gottes Blick auf diese Welt, in sein Sehnen und Lieben nach seinen Menschen und nach seiner Schöpfung. Gott will den Menschen verherrlichen, will mit ihm in Gemeinschaft leben.
Gott hat Sehnsucht. Sie zielt auf Vollendung. Hoffnung heißt daher, wir haben Anteil an dieser Sehnsucht Gottes. Mit Gott hoffende Menschen sehnen und harren darauf, dass alles zum Ziel kommt und findet. Und das gilt in jeder Weltlage, weil angesichts der alles überragenden Weisheit Gottes letztlich auch das Böse und Dunkle seinen guten Absichten dient.
Wenn wir im Sinne des Ökumenischen Christusdienstes denken und leben, dann leben wir als Hoffnungsmenschen vom Ziel her. Wir leben in der Gewissheit, dass am Ende Gott alles in allem sein wird. Das gibt Gelassenheit und Zuversicht und lässt uns geborgen bleiben im Frieden Gottes. Diese Hoffnung schenkt und erhält uns der Heilige Geist, der uns ermöglicht, so zu glauben und diese Perspektive zu bezeugen.