Als Kind habe ich oft das Lied gesungen „Was nah ist und was ferne, von Gott kommt alles her…“ „Alles“ – das ist ein großes und entscheidendes Wort. Wie sieht das „Alles“ aus?
Schauen wir das konkret an. Schon das Erwachen am Morgen, vielleicht viel zu früh und mit dem Empfinden, noch lange nicht ausgeschlafen zu haben, gehört dazu. Manchmal, wenn die Morgensonne hereinscheint, ist das wie ein Gruß vom Himmel. In unserem Schlafzimmer hängt das Bild von Rembrandt, auf dem der alte Simeon das Kind auf den Armen hält (vgl. Lk 2,28). Es gibt Tage, an denen die morgendlichen Sonnenstrahlen genau auf das Kind treffen. Schön, wenn ich solche „Zeichen“ entdecke!
Wenn ich – noch wackelig – unsere Treppe hinunter ins Bad gehe, kommen mir mitunter die Liedzeilen in den Sinn: „Dass unsre Sinnen wir noch brauchen können und Händ und Füße, Zung und Lippen regen, das haben wir zu danken seinem Segen. Lobet den Herren.“ Nichts ist selbstverständlich. Beim Frühstück bin ich manchmal erinnert an das „Land, in dem Milch und Honig fließen“ (2Mose 3,8).
Es gibt aber auch Tage, da plagen mich Schmerzen und Allergie, und dann ist das Leben eher ein „Durchmüssen“ und Warten auf Besserung. Aber auch das gehört zu dem „Alles“ dazu.
Ob wir morgens eine Mahlfeier in der Kapelle miteinander halten, ob wir zum Gebetsfrühstück sind, ob wir daheim die Bibel lesen – auch das alles ist Ausdruck des mit uns Seins Gottes. Ob wir im Herzen bewegt oder nur einfach da sind, spielt dabei für das „Alles“ keine Rolle.
Natürlich gibt es Pläne, Vorhaben, Aufgaben für den Tag. Manche nehme ich gern in Angriff, andere weniger oder mit Murren. Auch das gehört zu dem „Alles“. Dass wirklich alles sein darf, alles Denken und Empfinden, alles Gelingen und Versagen, ist befreiend.
Es gibt Tage, da fügt sich alles bestens zusammen. Ich bin plötzlich an Wichtiges erinnert, das ich sonst vergessen hätte. Ich finde „zufällig“ etwas, das ich schon lange suchte. Jemand sagt einen Termin ab, der mir sowieso zu viel geworden wäre. Da scheint Gottes Mitwirken regelrecht durch. Und an anderen Tagen ist alles anders. Unverständliches ereignet sich, Nöte treten auf, Kummer überkommt einen. Lösungen sind nicht in Sicht. Wie gut, dass das auch zu dem „Alles“ gehört! Alle Beziehungen, wie auch immer sie gerade aussehen, gehören dazu. Mein ganzes Sein gehört dazu, das Leibliche nicht weniger als das Seelische und Geistliche. Meine Gaben, meine Grenzen und meine Gefahren gehören dazu. Die kleinen wie die großen Dinge, die scheinbar wichtigen, wie die scheinbar unwichtigen -demzufolge auch Marmeladekochen, Sudoku lösen und Stricken, aber auch das Glück über einen Pilzfund sowie der Ärger über Läuse und Wühlmäuse im Garten. Nichts auszuschließen und nichts aussortieren zu müssen, macht das Leben einfach. Zu sehen und zu glauben, dass Gott allem seinen Platz zuweist und sein Gewicht gibt, alleseinbezieht in seine Pläne, macht ruhig.
Der Schlüssel für all diese Aussagen, ist wohl der: „…von Gott her.“ Er ist der Allmächtige. Er ist allein weise. Er ist der unermesslich barmherzige Vater. Er ist die Liebe. Mit IHM und von IHM, von diesem Gott her alles zu (er)leben, das ist für mich Leben in Fülle, das nie enden wird.